Axel Grube, onomato Hörbuchverlag © Marcus Schmitz

Laute lesen lernen der onomato Hörbuchverlag

 

Der onomato Verlag und Axel Grube sind ein und dasselbe. Die Idee für den Verlag und sein Herausgeber sind beides Kinder der 70er Jahre. Einer Zeit, in der New Wave und Punk entstanden, als Grubes Interesse für Musik, für die Kunst, die Philosophie – die er einige Semester studierte – erwachte. Und als er wegweisende Menschen kennen lernte, die für seinen geistigen und beruflichen Werdegang noch von Bedeutung sein sollten.

 

Joachim Rüsenberg, Filmemacher und Inhaber einer Filmproduktionsfirma zum Beispiel, ist ein solcher Mensch, dem Grube viel zu verdanken hat. „Freundschaften und Bekanntschaften waren auf meinem Lebensweg immer wertvoll für meine persönliche Entwicklung“, erzählt Axel Grube mit angenehmer und zurückhaltender Stimme. „Ich traf Joachim in Bilk, einem Stadtteil von Düsseldorf, in dem ich später auch einen ersten Ort für den Hörbuchverlag finden sollte. Die Begegnungen und Gespräche mit ihm und manchen anderen, darunter der Bildhauer Bernd Kastner, prägten mich sehr und weckten in mir den Wunsch, für einen solche Austausch einen dauerhaften Raum zu finden.“ Einer der Gründe, warum die Idee für onomato, das aus einem Verlag und einem Kunstverein besteht, aus der Taufe gehoben wurde.

 

Vom privaten Hörbuch zum Verlag

Ein weiterer Grund, warum Grube auf Umwegen den Weg in das Verlagswesen fand, war seine Beziehung zur Kunst und Musik. Nachdem er sein Studium der Philosophie an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf nach ein paar Semestern abgebrochen hatte („zu akademisch, zu lebensfern“), arbeitete er einige Zeit als Musiker, Musikproduzent und Tontechniker. Er kam in Kontakt mit Filmfirmen, in denen Sprecherrollen zu besetzen waren, und traf dort erstmals auf die Profession des Berufssprechers. Mehr und mehr kristallisierte sich für ihn die Möglichkeit heraus, sich beruflich in eine andere Richtung weiter zu entwickeln. Schließlich erlaubte er sich den Luxus, zwei Jahre lang privaten Sprachunterricht bei Wilhelm Pitsch, Professor für Sprecherziehung, zu nehmen. Aber all das war noch nicht wegweisend, dass man die Entwicklung zu einem Hörbuchverleger hätte vorausahnen können. Es musste auch ein Wink des Schicksals in Gestalt eines Freundes hinzutreten, der ihm riet, er möge doch seine private Hörbuch-CD, die er für die Kinder seiner Zwillingsschwester mit Grimms Märchen besprochen hatte, einmal auf der Messe WORTKOMM in Köln vorstellen. Hinzu kam, dass er es verstand, diese CD nicht einfach nur in eine Hülle zu packen, sondern diesem literarischen Produkt ein gleichsam adäquates Kleid in Form einer Schmuckbox zu geben. Der Erfolg war ein doppelter – für den entstehenden Verlag und für ihn als Sprecher, dem es gelang, im Markt als ein gänzlich Unbekannter zu reüssieren.

 

1998 gründete Grube den onomato Verlag zusammen mit dem Autor Rainer Rabowski, der sich allerdings nach einem halben Jahr zurückzog, um sich gänzlich auf die schriftstellerische Arbeit zu konzentrieren. Der freundschaftliche Kontakt zu Rabowski besteht weiterhin, doch als 1-Mann-Betrieb wie zu Anfang besteht der Verlag im Grunde auch 15 Jahre später noch. „Nicht dass ich nicht gern mit Menschen zusammenarbeite, ganz im Gegenteil. Es ist aber ein schwieriges Unterfangen, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht, ein nicht unbedingt kommerzielles Verlagsprogramm zu pflegen und dennoch einen Stab von Festangestellten zu beschäftigen“, bekennt Grube offen. Er wählt darum eher die projektweise Zusammenarbeit mit Freien oder wird manchmal von seiner erwachsenen Tochter tatkräftig unterstützt. Die Regel ist aber, dass er Sprecher, Verleger und Vertriebler in einer Person sein muss.

 

Das Ende einer guten Zeit – und neue Ausblicke

Als Einmannunternehmen, zudem als allein erziehender Vater einer damals minderjährigen Tochter, hätte man ihn am Rande seiner körperlichen Kräfte vermutet. Aber ganz so hart war das Geschäft dann doch nicht. „Ich hatte den Vorteil, zu Beginn meiner verlegerischen Arbeit Teilnehmer bei „Eichborn zum Hören“, einer gemeinsamen Vertriebsstruktur, zu sein. Der Verlag hatte damals die Philosophie, kleineren Hörbuchverlagen unter seinem Dach ein Auskommen zu ermöglichen, weshalb ich mit onomato sogleich die Möglichkeit ergriff. Das Geschäft war für mich wirtschaftlich und auch von der Erfahrung, den Kontakten her sehr vorteilhaft.“ Als sich dann im Zuge des Börsengangs des Eichborn-Verlags die wirtschaftliche Situation verschlechterte, wohl auch im Zusammenhang mit der Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre, brach zunächst das Buchhandelsgeschäft ein. Doch eine neue, spannende Zusammenarbeit tat sich zu dem Zeitpunkt schon am Horizont auf. „Die Jokers-Buchladenkette, die zum Weltbild-Verlag gehört, war Mitte der 2000er-Jahre sehr interessiert, ihre Hörbuchsparte mit interessanten Titeln zu erweitern“, so Grube. „In Absprache mit der Einkäuferin und Programmverantwortlichen entwickelten wir auch gemeinsam Themen, zu denen ich die Hörbücher produzierte. Diese Zeit war sicherlich die lukrativste für den Verlag.“

 

Axel Grube, onomato Hörbuchverlag © Marcus Schmitz

Mittlerweile muss Axel Grube ohne das schützende Dach eines großen Verlagshauses arbeiten, ist aber dennoch guten Mutes, den Hörbuchbereich um neue Autoren, neue Themen zu erweitern. Und zudem weitere Sparten wie den Printbuchbereich zu etablieren, was aktuell eines der zentralen Projekte darstellt. Interessant ist die Frage nach der Auswahl der Autoren, bei denen es sich zumindest im Hörbuchbereich um allesamt verstorbene handelt. Eigentlich berührt diese Frage, wie und warum ein Autor und dessen Texte seinen Weg als Hörbuch in die Öffentlichkeit finden, die philosophische Grundhaltung des Verlages wie auch des Verlegers. „Die alles umfassende Idee ist es, essentielle Texte, die vielleicht nur noch dem Namen nach bekannt sind, in einer intensiven Form des Hörens unmittelbar erfahrbar zu machen. Das Hörbuch als mediale Nachfolge der mündlichen Überlieferung – der ältesten Form der Wissensweitergabe der Menschheit – kann für die Vermittlung der ruhenden Erkenntnis des menschlichen Geistes von hohem Wert sein“, so Grube. Der Verlag habe sich deshalb die Aufgabe zum Ziel gesetzt, die Rolle des Hörbuchs in dieser Hinsicht zu stärken.

 

Der Verlag als künstlerisches Projekt

Axel Grubes Engagement endet nicht damit, bibliophile Hörbücher zentraler klassischer Autoren zu verlegen. Wesentlich für das Verständnis seiner Person und der Arbeit als Verleger ist auch der geschwisterlich verbundene onomato Künstlerverein, den es ebenfalls seit 1998 gibt. Verlag und Verein sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass es den beteiligten Personen um eine andere „Mentalität des Wirtschaftens“ geht. Beuys’ Begriff der „sozialen Plastik“ spielt in der Zusammenarbeit der beiden Institutionen und der Verflechtung von Künstlergruppe, Familienbetrieb und Wahlverwandtschaften ebenfalls eine Rolle.

 

Die Idee für die Gründung des Vereins entstand aus dem Gedanken, gemeinsam mit befreundeten Künstlern und Philosophen regelmäßig interessante Gespräche zu künstlerisch-philosophischen Themen zu führen. Die neu angemieteten Räumlichkeiten für den Verlag boten sich geradezu an, diese auch zu einem Ort des Austausches Gleichgesinnter zu machen. Von Beginn an stand weniger die Ausstellungstätigkeit von Künstlern und das ganze Vernissagentum im Fokus. Sondern der geistige Austausch über die künstlerisch-kreative Arbeit sollte Zeugnis abgeben über die Quellen der Inspiration von Künstlern – zusammengefasst in der Aussage „Vorstellen statt Ausstellen“. Schwerpunkte setzt der Verein im audiovisuellen Bereich der Medienkunst und grenzt sich damit von der klassischen bildenden Kunst ab, die seiner Einschätzung nach überrepräsentiert ist. Im Gegensatz zum Verlag ist der Verein auf die Förderung durch das Kulturamt angewiesen – was Grube sehr zu würdigen weiß. „Diese Förderung ist für den Fortbestand des Vereins elementar“, bekennt er. „Ohne die regelmäßige finanzielle Unterstützung hätte es auf Dauer weder den Verein, die positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit oder die Stipendien gegeben, mit denen wir den interdisziplinären Austausch zwischen bildender und Medienkunst fördern.“

 

Und so darf Axel Grube davon träumen, den 30 Mitglieder starken Verein in 5 bis 10 Jahren in eine staatlich anerkannte Kunsthochschule zu entwickeln, in der die Kunstformen des Erinnerns – das gesprochene Wort, die Musik, das bewegte Bild – einen Ort finden werden, an dem sie Verschwindendes, fast Verlorenes dem Vergessen entreißen.

 

Text und Fotos: Marcus Schmitz ©

 

Die Website des onomato Verlages finden Sie hier.

 

Den Originalartikel, erschienen im KulturNetz, finden Sie hier.